Dr. med Sharifa Latif – Afghanistan – M-Kurs – Studienkolleg 1982/83 – Heute Ärztin mit zweifacher Facharztausbildung im Raum Frankfurt

Herkunftsland: Afghanistan
Studienkolleg 1982/83  Mediziner-Kurs
Berufliche Tätigkeit heute: Ärztin
Verheiratet, 2 erwachsene Kinder (der Sohn arbeitet als Gymnasiallehrer, die Tochter geht noch zur Schule).
Sharifa Latif wurde 1960 in Herat/Afghanistan als zweites von sechs Kindern in einem vermögenden Elternhaus geboren und wuch behütet auf. Sie besuchte eine gemischte Grundschule, danach ein Mädchen-Lyzeum mit Englisch als erster Fremdsprache.1977 legte sie erfolgreich den geisteswissenschaftlichen Sekundarabschluss ab und bewarb sich für ein Medizinstudium in Deutschland. Wieso eine Bewerbung für Deutschland? Der Vater hatte geschäftliche Beziehungen nach Deutschland, was den Start in ein Leben und Studium außerhalb Afghanistans erleichterte.
Gleichzeitig mit der Bewerbung für ein Studium in Deutschland bereitete sich Sharifa Latif auf die allgemeine Aufnahmeprüfung für ein Studium in Afghanistan vor, die sie im landesweiten Wettbewerb als Viertbeste bestand.
Sharifa erhielt einen Studienplatz für Jura. Kurz nach Beginn des Jurastudiums erhielt sie eine Zulassung für ein Medizinstudium in Deutschland (März 1978). Ihr Ausreiseantrag in den Westen wurde jedoch annulliert, da zu dieser Zeit der von der Sowjetunion unterstützte Putsch geschah.
Sharifa Latif setzte also ihr Jurastudium in Kabul fort und erhielt wegen guter Leistungen in der universitären Aufnahmeprüfung ein Stipendium für die damalige UDSSR, was sie nicht ablehnen konnte, da dies als Auflehnung gegen die kommunistische Regierung in Afghanistan gegolten hätte und eine Gefährdung ihrer Familie gewesen wäre. So ging sie also im Sommer 1978 nach Moskau, fand das Leben dort bald unerträglich und brach 1979 (aus politischen, sozialen und privaten Gründen) ihr Studium in der UDSSR ab und kehrte nach Kabul zurück. Nach diesem Studienabbruch durfte sie in Afghanistan nicht mehr studieren.
Mittlerweile hatte der Bürgerkrieg in Afghanistan begonnen. Mit Hilfe von Bestechungsgeldern und Fälschung von Ausreiseunterlagen konnte Sharifa Latif 1980 zu einer vorgeschobenen ärztlichen Behandlung nach Indien und von dort nach Deutschland ausreisen. Hier haben sie und ihr Mann Asylantrag gestellt.
Da die 1978 aus Kabul verschickten Bewerbungsunterlagen für ein Medizinstudium in Deutschland noch vorhanden waren, konnte Sharifa einen neuen Antrag auf  Zulassung für Medizinstudium in Frankfurt stellen.
1982 bestand sie die Aufnahmeprüfung am Studienkolleg für ausländische Studierende in Frankfurt und besuchte dort bis Sommer 1983 den Mediziner-Kurs.
Erinnerungen an das Studienkolleg (nach mehr als 30 Jahren):
„Das Studienkolleg war das Tor zu meinen beruflichen Träumen. Ich war lange Zeit in keine formalen Lernprozesse involviert, im Studienkolleg wurde für mich das Fundament meiner beruflichen Laufbahn als Ärztin gelegt“
Von 1983-89 studierte Sharifa erfolgreich Medizin an der Johann Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt und schloss den dritten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung mit der Note „sehr gut“ ab und erhielt noch am Tag ihres Examens ein Stellenangebot. 1995 brachte sie eine Tochter zur Welt und schloss im selben Jahr ihre Promotionsarbeit ab.1997 beendete sie ihre Facharztausbildung für Anästhesie – diese Ausbildung hatte sie wegen der familienfreundlichen Arbeitszeiten gewählt.
Nach vielen Berufsjahren als Anästhesistin, Intensiv- und Notfallmedizinierin, erfolgte ein „Neigungswechsel zur Allgemeinmedizin“ und 2005 folgte dann die Anerkennung als Fachärztin für Allgemeinmedizin.
Sharifa Latif lebt und arbeitet als Allgemein-/Sozialmedizinerin und Anästhesistin im Rhein-Main-Gebiet