Viele Kollegiaten – viele interessante Lebenswege

Der Weg von Indien über das Studienkolleg hin zu einem dualen Studium der Informatik – Ein Interview mit unserem T-Kurs Alumni Vicky

Hallo Vicky,

Sie sind nun ein ehemaliger Kollegiat des Studienkollegs. Möchten Sie sich zu Beginn des Interviews kurz vorstellen?

Ja, gerne. Mein Name ist Vicky und ich habe von August 2020 bis Juli 2021 den T-Kurs des Studienkollegs Frankfurt besucht.

Können Sie uns zunächst etwas darüber erzählen, wie Sie an das Studienkolleg gekommen sind?

Ja, also in Indien habe ich die Schule im Jahr 2016 beendet und wollte dann gerne eine Universität in Indien besuchen. Jedoch war das aufgrund meiner finanziellen Mittel nicht möglich. Über den Verein „Aktion Lebenshilfe für Indiens Straßenkinder e.V.“ (weitere Informationen am Ende des Interviews) hatte ich schon immer eine Verbindung nach Deutschland.  Mein Onkel aus dem Verein hat mir geraten Deutsch zu lernen und in Deutschland zu studieren. Die nächste Schwierigkeit war jedoch, dass man ohne Geld nur schwierig eine fremde Sprache erlernen kann

Eine Möglichkeit ergab sich für mich am Goethe Institut Kalkutta. Am Wochenende arbeitete ich in der Bibliothek, dafür konnte ich unter der Woche kostenfrei die Deutschkurse besuchen. Über zwei Jahre lernte ich dann Deutsch am Goethe Institut und besuchte Kurse bis zum Niveau C1.

Dann kam jedoch das nächste Problem – wie komme ich an eine deutsche Universität? Ich bewarb mich im Jahr 2018 das erste Mal an einem Studienkolleg und bekam eine Einladung für den Aufnahmetest. Das Geld, welches man für das Visum und die Reise aufbringen muss, hatte ich jedoch nicht, so dass ich am Aufnahmetest nicht teilnehmen konnte. Zusammen mit meinem Onkel überlegte ich mir dann verschiedene Lösungsmöglichkeiten und so kamen wir auf die Idee: Deutschland benötigt Krankenpfleger. So bewarb ich mich Anfang August 2019 um einen Ausbildungsplatz zum Gesundheits- und Krankenpfleger, bekam schnell die Zusage einer Klinik und begann im Oktober 2019 meine Ausbildung.

In der Zeit meiner Ausbildung habe ich viele Menschen kennengelernt, die deutsche Kultur wurde mir vertraut. Ich habe sehr viel gelernt. Insgesamt war es eine gute Erfahrung, auch wenn mir die Ausbildungsinhalte weniger gut gefallen haben. Deswegen habe ich dann entschieden, dass ich mich für ein duales Studium im Bereich Informatik bewerbe. Auch hier habe ich eine Zusage erhalten. Die Bedingung war jedoch, dass ich eine Zusage des Studienkollegs erhalte, da mein Abschluss aus Indien nicht dem deutschen Abitur aus Indien gleichgestellt ist.

So bewarb ich mich erneut für das Studienkolleg, bestand die Aufnahmeprüfung und hatte somit auch die finale Zusage für den dualen Studienplatz. Ich war sehr glücklich damals, dass all das so funktioniert hat. Und so bin ich dann am Studienkolleg Frankfurt gelandet.  

Wie war Ihre Zeit am Studienkolleg Frankfurt?

Also die Zeit am Studienkolleg hat mir sehr gut gefallen, insbesondere der Kontakt zu den Menschen aus aller Welt. Für mich persönlich war es ein sehr spezieller Ort, an dem ich mich sehr wohl und sicher gefühlt habe. Es war bislang in Deutschland der einzige Ort, an dem ich mich so wohl gefühlt habe.

Ich habe auch sehr viel gelernt. Schnell wurde mir klar, dass das Lernen hier in Deutschland anders funktioniert. Deutlich wird das beispielsweise bei den Matheformeln. In meinem Heimatland haben wir diese vor allem auswendig gelernt, hier ging es aber um das Verstehen und um die Anwendung.

Den Unterschied muss man erstmal verstehen, aber so habe ich einen neuen Weg des Lernens gelernt. Das wünsche ich mir eigentlich für alle Schülerinnen und Schüler in meiner Heimat. Das sollte jeder erfahren.

Was würden Sie den zukünftigen Kollegiatinnen und Kollegiaten raten?

Man sollte an sich selbst glauben. Es ist nicht unmöglich das Studienkolleg zu bestehen, viele schaffen das. Wenn man sich dafür interessiert, sollte man es versuchen. Ich sehe das Studienkolleg als große Hilfe für die ausländischen Studierenden, die nach Deutschland kommen. Man ist nicht allein, sondern Sie, also die Lehrkräfte, zeigen uns den Weg ins Studium.

Es gibt auch den anderen Weg an die deutsche Universität. Wenn man im Heimatland ein Studium beginnt, entfällt der Besuch des Studienkollegs. Ich finde das weniger ideal, denn das Studienkolleg ist eine wichtige Vorbereitung auf das Studium

Wie blicken Sie nun in die Zukunft?

Ich bin schon ein bisschen unsicher. Ich beginne bald mit dem dualen Studium. Alles ist dann neu für mich,auch dass ich dann studieren und arbeiten werde. Daran muss ich mich erst gewöhnen.

Besonders freue ich mich auf die Theoriephasen. Dort kommen Studenten aus verschiedenen Firmen zusammen und man lernt bestimmt verschiedene Arbeitsweisen kennen.

Herzlichen Dank für den Einblick!

 
Zur Info –
Der Verein ali sk – Aktion Lebenshilfe für Indiens Straßenkinder e.V. wurde im Jahr 1999 in Würzburg gegründet. Es handelt sich dabei um einen gemeinnützigen Verein, welcher ehemaligen Straßen-kindern in Indien hilft. Ziel des Projekts ist es, Kindern ein Zuhause zu geben, in dem sie sicher und gut behütet für den Start in ein eigenverantwortliches und selbstständiges Leben begleitet werden. Dazu gehört im Wesentlichen die Chance zu einer Schulausbildung.
Durch Spenden und den festen monatlichen Betrag, den die Paten zur Unterstützung der Kinder beisteuern, können die Kosten für Unterkunft, Verpflegung, Schulgeld, Kleidung, Strom und die Löhne der Angestellten etc. finanziert werden.
Weitere Informationen über den Verein finden Sie unter: www.calcutta.de.